一人暮らし ・ Auszug, Umzug, Einzug
"Hier Mirja! Die Karte ist für dich!" Ich nehme das Blatt, das Rosie mir schüchtern hinhält. "Das hier sind Blumen und das sind Regenbögen", erklärt sie mir und zeigt auf besagte blaue Blumen und rot-orangene Regenbögen. Mein Herz schmilzt. "Aw! Vielen Dank Rosie!" Ich zeige auf das blaue Tape, das sie in langen Streifen neben die Blumen geklebt hat. "Und ist das der Himmel?" Sie schüttelt (schon fast empört) den Kopf. "Nein das ist einfach nur schönes Band." Man muss sie einfach gern haben. ^^
Vorsichtig nehme ich Rosies Kunstwerk und schiebe die Tür zu meinem Zimmer auf. Ich stehe in einem hellen Tatami-Zimmer. Links befindet sich der geräumige Wandschrank und rechts vor mir in der Ecke steht das Bett. Dann steht da noch der russische Tisch meiner Gasteltern und der moderne Schaukelstuhl. An der mittleren Tür des Wandschranks prankt mein Name in großen Lettern. (Ich mochte es einfach schon immer, meinen Namen überall stehen zu haben. xD) Die Sonne scheint durch die hohen Glastüren. Die Pflanzen in dem kleinen Garten dahinter wiegen sich leicht im Wind. Die Luft ist warm und schon etwas schwül. Es sieht friedlich aus. Und sehr leer. Das Bett ist abgezogen. Der Tisch leer geräumt. Der Boden ist gesaugt und der Inhalt der Kommode in meinem Koffer. Der Wandschrank ist voll mit meinem Gepäck, das nur darauf wartet, abgeholt und in meine neue Wohnung gebracht zu werden. Mein Herz schmerzt bei dem Gedanken, in wenigen Stunden aus diesem Haus zu ziehen. Mehr als ich es mir noch vor ein paar Monaten gedacht hätte.
Vor drei Monaten kam Corona-chan auch in meinem Leben offiziell an. Nicht direkt. Mehr so indirekt. Wegen der sinkenden Besucherzahlen sahen sich meine Gasteltern vor vielen Kosten und wenig (=keinen) Einnahmen. Und die Entscheidung das Gästehaus zu schließen, das schon immer wenig rentabel war, fiel nicht so schwer. Es gab nur ein Problem. Mich. Wohin mit mir? Ich hatte damals drei Wochen Zeit es mir zu überlegen. Aber Gott lies mich mit der Entscheidung nicht alleine. Nachdem sie von meiner Situation erfahren hatten, bot mir eine befreundete Familie aus der Gemeinde an, zwei Monate bei ihnen zu bleiben. Danach könnte ich dann in eine eigene Wohnung ziehen.
Die Umstellung war groß. Der Umzug war schwer (mehr emotional als physisch). Der Abschied von meinen japanischen Gasteltern war zwar nicht endgültig, aber doch traurig. Aber die Aussicht die Quarantäne mit einer Familie zu verbringen war doch deutlich besser, als die Zeit alleine in einer Wohnung zu sein.
Ich stelle die Tasche zu meinen Füßen ab und schließe die Autotür hinter mir. "Anschnallen!" sagt mein Gastvater und ich verschicke noch gerade eine Nachricht. Dann geht es los. Ich winke Rachel zu bevor der kleine Truck um die Ecke biegt und ich die Straße und das Haus in dem ich die letzten zwei Monate gewohnt habe hinter mir lasse. Meine Zeit hier könnte ein ganzes Buch füllen. Und jetzt schlage ich schon das nächste Kapitel auf. Eine Mischung aus Freude und Trauer, Aufregung und Zweifel im Bauch. Das erste Mal alleine wohnen. Eine eigene Wohnung haben. Allein allein. Aber wenn ich so an die letzten Monate denke, dann habe ich das Gefühl, dass auch diese Zeit hier das Potenzial hat, sehr gut zu werden.
Alle Augen auf dich, den Gott, der größer ist.
Alle Augen auf dich, wir heben unsern Blick.
Alle Augen auf dich, den Gott, der größer ist.
Die Sonne geht unter während ich den Weg am Fluss zurück nach Hause gehe. Die Musik in meinen Ohren. Und ich erinnere mich wieder, warum ich hier bin. Und ich erinnere mich wieder, wer mich hier her gebracht hat. Und plötzlich höre ich die nächsten Worte noch deutlicher:
Will mich nicht um mich selber drehn,
mit neuen Perspektiven sehn.
Will spüren, dass du mich unendlich liebst.
Ich such den Blick in dein Gesicht.
In deinem Licht erkenne ich
die Spuren, die du durch mein Leben ziehst.
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