Tag 4 - Mini-Tabor-Familientreffen
"Can I try one of those?" Ich zeige auf eine Packung mit Trauben. Der Mann hinter dem Verkauftsstand nickt nur und ich pflückte mir eine Traube aus der Rebe. Ich lasse meine Augen durch den kleinen Laden schweifen und versuche mich an die Preise der letzten dreihundert Läden zu erinnern die ich heute schon gesehen habe.
Der Markt ist voll. Hunderte von Menschen schieben sich zwischen den Ständen entlang und die Luft ist erfüllt mit dem Gerede der Leute, den Rufen der Verkäufer und dem rattern der Ventilatoren, die nicht nur die erhitzten Gemüter abkühlen, sondern vor allem die Gerüche der Gewürze und Brote über die Gasse zu verteilen. Morgen soll es hier noch voller werden, wenn alle Familien für den Sabbath einkaufen.
Und während ich die Menschen bei ihrem Treiben beobachte, spüre ich wie mein Herz wieder beginnt zu schlagen.
22:26 - 22º - Armenisches Viertel/Jerusalem
Denn der Herr tut heute noch Wunder. Stunde um Stunde. Tag für Tag.
Das Beste daran ist: er tut es immer wenn ich es am wenigsten erwarte. Nie im Leben hätte das Ich von heute morgen ahnen können wie dieser Tag laufen würde.
Da wir uns entschieden hatten mit dem Bus nach Jerusalem zu fahren, bestand kein Grund früh aufzustehen und so muss ich zu meiner Schande gestehen, dass ich bis 11 Uhr nichts Sinnvolles auf die Beine gestellt habe (nicht einmal mich selbst).
Als wir dann endlich aufgebrochen waren war es bereits 12 Uhr und die Sonne hatte ihre inzwischen gewohnte Intensität erreicht.
Die Busfahrt war recht kurz und mehr oder weniger unkompliziert. Um kurz nach 1 waren wir schon mitten in der Stadt und als dann mein Onkel und meine Tante zu uns stießen, durfte ich die erste Falafel Pita meines Lebens essen.
Den Nachmittag waren wir dann auf uns selbst gestellt, aber mit 300 Shekeln und dem Auftrag ausgerüstet einzukaufen. Der jüdische Markt in Jerusalem lässt sich mit nichts vergleichen was ich bis dahin erlebt hatte. Laut, mit allen möglichen Gerüchen und hunderten von Menschen die sich zwischen den kleinen Läden entlang drängen oder auch in einer der Bars sitzen und mir unbekannte Dinge essen. Aber es hat wahnsinnigen Spaß gemacht, die vielen Auslagen zu entdecken und die Menschen um mich herum zu beobachten.
Nach dem Einkaufen hatten wir beschlossen einfach der Jaffa Straße Richtung Altstadt zu folgen und es war eine schöne Erfahrung im Gegensatz zum chaotischen Tel Aviv.
Da ich zwei Volontäre aus Tabor im Johanniter Hospiz auf der Grenze vom Christlichen zum Muslimischen Viertel kennen, beschlossen wir spontan, dort vorbei zu schauen und daraufhin wurden sie uns für die nächsten Stunden auch nicht mehr los. Es war eine schöne und witzige Zeit und es ist immer wieder cool zu sehen wie klein die christliche Welt ist. So konnte mein Vater einen Freund wiedersehen den er seit 30 Jahren nicht mehr wirklich gesehen hatte.
Um acht Uhr fand noch ein kleiner "Gottesdienst" statt zu dem kommen kann der will. An diesem Abend waren zwei Schwestern aus dem Orden der kleinen Schwestern Jesu da, die von der Geschichte ihres Ordens und ihrer Arbeit berichteten. Mich hat vor allem der Wunsch dieser Frauen berührt wie Jesus zwischen den Ärmsten eines Landes zu leben. So leben einige Schwestern in Bangladesh als Näherinnen in den Fabriken, in der Sahara bei den Nomaden oder in Südamerika bei den Völkern im Busch. In Israel sind es vor allem die arabisch stämmigen Israelis, die hier als Menschen zweiter Klasse leben und so haben die Schwestern hier einen kleinen Laden im Muslimischen Viertel der Stadt und im Norden bei Bethlehem.
Würde ich in einen Orden eintreten wollen, dann wäre es dieser.
Die nächsten Tage steht noch so einiges auf dem Plan. Fürs erste kann ich sagen: ich hatte Israel, den Tag und mich bereits aufgegeben, aber Gott zum Glück nicht.
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