Meine Rede!




Oktober 2013
Eigentlich will ich nicht gehen, aber die Ferien sind vorbei. Die Schule ruft. Mein Abi schreibt sich leider nicht von alleine. Ich packe die Sachen, die ich für eine Woche mitgenommen habe, wieder in den Koffer und schaue mich noch einmal in dem kleinen Gästezimmer um.Eine Woche ist so schnell vorbei gegangen. Eine Woche, die ich in Tabor mitleben durfte. Student auf Probe sozusagen. Eine Woche lang Vorlesungen statt Schule. Studierende, die gemeinsam leben, lernen, feiern, beten. Eine Woche in der ich erleben durfte, was es heißt Zuhause anzukommen. Und jetzt muss ich wieder gehen.

Oktober 2015
1 Abi und 1 FSJ später stehe ich wieder hier. Dieses Mal hoffentlich für etwas länger als eine Woche. Dieses Mal wirklich als Studentin der Evangelischen Hochschule Tabor. 4 Jahre Vorlesungen. Studierende, die gemeinsam leben, lernen, feiern, beten. 4 Jahre in denen ich lernen darf. 4 Jahre in denen dieser "heilige Berg" mein Zuhause sein wird.

5. Juli 2019
3 Jahre und 10 Monate. 8 Semester. 5 Praktikas. 38 Module. 30 Referate. 10 Seminararbeiten. 18 FAZIT-Ausgaben. 8 Prüfungswochen und 1 Bachelorarbeit später, stehe ich wieder hier vorne.
Ich heiße zwar immer noch Mirja und immer noch Lenhard, aber sonst hat sich doch einiges verändert. Und das ist zum einen die Schuld, oder sagen wir besser, der Verdienst, dieses Studiums und des Lernstoffes. Aber in erster Linie verdanke ich es wohl euch.
Als erstes meinem Jahrgang, der mir gerade im ersten Jahr verzweifelt versucht hat beizubringen, wie man über sich selber lacht. Ihr habt in den Jahren viele unfreiwillige Vorlesungen von mir über das Enneagram, BTS und Japan angehören müssen. Vielen Dank für eure Liebe und eure Geduld. Ich hätte mir wirklich keinen besseren Jahrgang wünschen können. 
Ich verdanke es euch, liebe Dozierende, die ihr treu ward
, auch wenn ich untreu in der Erledigung meiner Hausaufgaben war. Ich habe sowohl fachlich als auch persönlich sehr viel von euch gelernt.  Eure Begeisterung war ansteckend und euer Engagement inspirierend. Vielen Dank für alle Ermutigung und Unterstützung.
Ich verdanke es meinen Eltern, die nicht nur verrückt genug sind, ihre Tochter in Tabor ausbilden zu lassen und das auch komplett zu finanzieren, sondern die sogar bereit sind, mich nochmal ein Jahr und vielleicht noch länger nach Japan zu lassen. Vielen Dank, dass ihr mich ermutigt habt, Schritte zu gehen, obwohl sie für euch nicht leicht waren und dass ihr mich gelobt habt, auch wenn ich wieder das Gefühl hatte, ganz unten angekommen zu sein. 
Und ich verdanke es Gott, der mir diese ganzen Menschen, diese ganzen Möglichkeiten und Jahre geschenkt hat und der es mit Geduld und viel göttlicher Spucke geschafft hat, mich zu Dingen zu bringen, die ich nie tun wollte. Zum Beispiel Reden halten und Predigen. Ihm verdanke ich alles und ohne ihn wäre alles nichts. 
In Tabor durfte ich lernen, dass Beziehungen besser werden, wenn man Konflikte offen anspricht. Ich durfte lernen, dass ich nichts weiß und mich dieser Schwachheit rühmen. Ich durfte lernen, wie gut es tut, konstruktive Kritik zu bekommen und die Chance zu nutzen, sich zu verbessern. Ich durfte lernen, dass sich Freundschaften vertiefen, wo ich vor dem anderen Schwäche zeige. Ich durfte lernen, dass Gott ein noch viel größeres Herz für die Menschen hat, die ich liebe, als ich. 
Aber vor allem durfte ich lernen, dass ich die besten Entscheidungen dann getroffen habe, wenn ich getan habe, was Gott mir gesagt hat, auch wenn mir das manchmal tierisch gegen den Strich ging. 

Oktober 2019
Ich sitze in dem kleinen Flugzeug von Seoul nach Osaka und schaue auf die blaue Wasseroberfläche, der wir uns langsam nähern. 12 Monate Sprachschule liegen vor mir. Ein Jahr in dem ich bewusst in diese ganz andere Kultur eintauchen will. Ein Jahr in dem ich hoffentlich viel Japanisch und viel über die Japaner lernen werde. Ein Jahr in dem Gott mir hoffentlich zeigt, wie seine nächsten Schritte mit mir aussehen werden. Und ich bin dankbar, dass wir an einen Gott glauben, der hier wie dort ist. In Marburg, in Köln, in Raststadt, in Amberg, in Freiburg, in Velbert, in Augsburg, in Buchenau und in Kyoto.  -- Soli Deo Gloria. Vielen Dank.

13. Oktober 2015

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