おいしい・Happa Happa, Danke Papa!

Essen. Zugleich eine der besten und der nervigsten Sachen am Menschsein. Ich wage doch zu behaupten, dass ich ein besonderes Talent besitze, Essen verschwinden zu lassen und in Körpergewicht umzusetzen. Weniger Talent beweise ich in der Zubereitung desselbigen, was mich jedoch nicht davon abhält, mir in gut gewählten Abständen Opfer, oder wie ich sie auch nenne: Gäste, zu suchen, an deren Geschmacksnerven ich mich ausprobieren kann. ^^  Dankenswerterweise bin ich für meine Verbrechen an diesem Teil der Menschheit noch nicht zur Rechenschaft gezogen worden, sondern bin durch ihre Komplimente in meinem Verhalten nur bestärkt worden. :) 

Tonkatsu, Salat und Reis
Es ist erstaunlich wie sich die Essenskultur unterscheiden kann. Für den Deutschen ist es häufig befremdlich zu sehen, mit welcher Sorgfalt in anderen Kulturen das Essen vor dem Verzehr hergerichtet wird und welche Yogastellungen auf einmal angenommen werden, um die servierten Nahrungsmittel, möglichst von ihrer besten Seite, abzulichten. Nicht selten habe ich selber schon in Deutschland den Ausruf "Die Japanerin" gehört, wenn ich selber mein Handy gezückt habe, um ein Bild meines Essens für die Nachwelt festzuhalten. Aber auch wir kennen den Ausdruck: Das Auge isst mit.

Der Deutsche gilt im Ausland, auch in Japan, häufig als der pragmatisch, organisierte, qualitätsorientierte Ordnungsliebhaber. Ob das im Einzelnen zutrifft oder nicht, soll ungeklärt bleiben, aber wenn man sich die deutsche Küche ansieht, dann trifft das wohl häufig zu. Während es in der koreanischen Küche geraten ist, möglichst viele verschiedenfarbige Gerichte zu servieren (aus Gründen der Balance) ist es in Deutschland wohl sehr egal ob der Sauerbraten farblich gut mit dem Kartoffelbrei harmoniert. Hauptsache es macht satt und schmeckt gut. 

German Christmas Party mit Knödeln in Pilzsoße <3
Der ein oder andere sieht Essen vielleicht mehr als ein notwendiges Übel an. Der fleißige Deutsche denkt sich, es wäre doch viel praktischer, wenn man gar nicht essen müsste. Aber gleichzeitig ist uns doch bewusst, dass es durchaus reizvoll ist, ein gutes Essen zu sich nehmen zu dürfen. Wenn ich die deutsche Küche darum als pragmatisch beschreibe, dann heißt das nicht, dass sie nicht gut schmeckt. Im Gegenteil. Aber wer wie ich versucht hat, in Japan Menschen für unsere kulinarische Vielfalt zu begeistern, der wird schnell festgestellt haben, dass es durchaus Gerichte gibt, die ansprechender für das Auge sind als Linsensuppe oder Knödel.

Mapo doufu mit Reis und Misosuppe
(chin. aber auch in Japan sehr beliebt)
Wenn es um japanisches Essen geht, dann hört das Wissen der meisten Deutschen vermutlich bei Sushi auf. Wer eine gewisse Animebildung genießt kennt vielleicht noch Begriffe wie Ramen oder Karaage. Man meint vielleicht mal gehört zu haben, dass das japanische Essen sehr gesund sein soll. Legenden besagen, dass man automatisch abnimmt sobald man japanisches Festland betritt. (Solche Legenden stammen definitiv nicht von mir.) Auf jeden Fall wird viel Reis und Fisch gegessen. 
Fairer Weise muss man an dieser Stelle zu bedenken geben, dass das japanische Wissen über das deutsche Essen ähnlich beschränkt ist. Aus japanischer Perspektive lebt der Deutsche auf einer reinen "Kartoffel - Bier - Wurst"-Basis. Ähnlich wie an der deutschen Sichtweise ist diese Annahme nicht vollkommen falsch, nur würde ich doch ein paar Zutaten ergänzen. :)
Bevor ich nach Japan gekommen bin muss ich gestehen, dass ich mich etwas vor dem Essen gefürchtet habe. Ich mochte keinen Reis, ich mochte keinen Fisch und grünen Tee fand ich absolut zum Davonlaufen. Aber die japanische Küche hat mich tatsächlich zur Liebhaberin eben dieser Dinge gemacht.

Einer der ganz großen Pluspunkte am Essen, das ich hier genießen darf, ist definitiv die Frische. Einer der Gründe warum es mir in Deutschland nicht schwer fällt auf Fisch zu verzichten ist, dass wir keine Frisch-Fisch-Kultur sind. Unser Fisch wird geräuchert, eingelegt, oder in Dosen gepresst. Roher Fisch ist uns suspekt. Aber hier in Kyoto arbeite ich in einem Restaurant in dem jeden Tag der Fisch frisch vom Markt geholt und am selben Tag in geradezu künstlerischer Art und Weise her gerichtet wird. Bis heute habe ich nirgendwo besseres japanisches Essen und leckereren Fisch gegessen.

Eins meiner neuen Lieblingsgerichte:
 Nabe(mono)
Auch an den Erzählungen vom gesündesten Essen der Welt ist sicherlich viel wahres. Natürlich gibt es auch in Japan dicke Menschen und viele Möglichkeiten, sich ungesund zu ernähren. Trotzdem. Im Gegensatz zu Deutschland wird hier für das Essen viel weniger Salz, Zucker, Mehl verwendet. Man setzt stattdessen auf Adzukibohnen für die Füllung von Gebäck und Sojabohnen zur Herstellung von Miso, Sojasoße, Kinako und Natto. Ein Freund wies mich außerdem darauf hin, dass es selbst in Isakayas (japanischen Bars) für gewöhnlich gesunde Beilagen gibt. Zum Beispiel Edamame (jap. Stängelbohnen), die als beliebter Snack zum Bier gereicht werden.

Frühstück?!
Ungewöhnlich war für mich vor allem die Umstellung was die Essensgewohnheiten zu den unterschiedlichen Mahlzeiten angeht. Für mich ist ein Frühstück in der Regel süß (Obst, Brot oder Müsli) das Mittagessen dann die größte Mahlzeit (warm) und das Abendessen, wenn überhaupt, kalt und möglichst nicht zu viel (Gemüse, Salat, Brot). In Japan musste sich mein Magen etwas umstellen. Hier bekomme ich zum Frühstück Reis, Suppe und Salat. Manchmal auch noch Ei und Fisch. Das Mittagessen ist mehr eine Zwischenmahlzeit mit Pan (jap. Brot), Nudelsuppe oder einem kleinen Reisgericht. Das wichtigste Essen ist hier das Abendessen. Hier kommt die Familie zusammen. Es gibt Eintopf, man grillt Fleisch, Nudeln oder alles zusammen.

Heute bin ich ein großer Fan des japanischen Essens und ich kann jeden nur ermutigen, sich der Herausforderung zu stellen. Ich weiß, dass mancher Geschmack am Anfang noch ungewohnt und vielleicht sogar befremdlich ist. Wer in Japan versucht seine alten Essgewohnheiten beizubehalten, wird entweder enttäuscht oder arm. Aber wer sich für sich öffnet dafür, Dinge auszuprobieren und etwas zu essen, dass so anders ist als er es gewohnt ist, der wird sicher nicht enttäuscht werden und  sich vielleicht mit der Zeit genauso verlieben wie ich.

 Aber eine der wichtigsten Lektionen, die ich hier lerne:

More important than what you eat is who you share it with <3












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