Nothing that you have not given away to God will ever be really yours. - C. S. Lewis
Ich
öffne die Tür und lächle sie freundlich an. Sie lächeln zurück.
Sie erinnern mich ein wenig an meine eigenen Großeltern und ich
hoffe, dass sie es mir nicht zu übel nehmen, dass ich so gut wie
kein Wort Japanisch verstehe.
Den
folgenden Dialog kann ich leider nicht komplett wiedergeben, da ich
größtenteils geraten habe, was sie mir sagen wollten und mich sehr
häufig dafür entschuldigen musste da ich sie nicht verstand. Aber
statt zu gehen zog die Frau ein iPad aus ihrer Tasche und öffnete
eine App bei der auf der die Sätze auf der einen Seite in Japanisch
und auf der anderen Seite in Englisch standen.
Sie
deutete auf den ersten Satz: „Sprechen Sie Englisch?“ Ich nicke.
Sie wirkt zumindest ein wenig erleichtert.
“Ich
besuche alle Familien in dieser Gegend.“ Ich runzle die Stirn. Hat
sie auf den falschen Satz gedeutet? ALLE Familien? Der nächste Satz:
“Ich
würde gerne ein paar Dinge über meinen Glauben mit ihnen Teilen.“
Holla die Waldfee, jetzt geht’s los. Meine Augen suchen nach den
Wörtern. Ein paar Reihen weiter unten finde ich sie:
“Wir
sind Zeugen Jehovas“ Ich lache erleichtert auf. Da deutet sie auch
schon darauf und fragt sinngemäß: „Wissen Sie was das ist?“ Ich
nicke und lächle. „Ich bin selber Christ.“ Ich deute in die
ungefähre Richtung: „Ich gehe in die Inazawa Gemeinde.“
Sie
nicken und der Mann fragt mich was ich arbeite. „Ich arbeite in der
Ai Hope Church.“ Ich deute in die andere Richtung. Der Mann nickt
und wiederholt meine Worte auf Japanisch für seine Frau.
Ich
nicke und lächle. Ich weiß sonst nichts mit mir anzufangen. Auch
die Frau scheint ein wenig unschlüssig zu sein. Aber sie macht
tapfer weiter:
“Wir
glauben an Gott. Sein Name ist Jehova, das bedeutet >Er ist Herr<“
Bei diesem Satz zucke ich leicht zusammen und lege den Kopf schief.
Sie sprechen kein Englisch und ich kein Japanisch. Eine recht
ungünstige Ausgangsposition um mit ihnen über den Namen Gottes zu
diskutieren.
Die
beiden bleiben bis zum Schluss freundlich und ich meine verstanden zu
haben was die Frau mir am Schluss sagen wollte: „Bis wir uns
wiedersehen lernen sie Japanisch und ich Englisch!“ Ich winke ihnen
als sie weggehen. Zur nächsten Tür. Und in Gedanken denke ich:
„Jahwe segne sie!“
Ich war
nicht sauer als ich herausgefunden hatte was sie wollten. Es war das
erste Mal das ich Zeugen Jehovas begegnet bin. Ich war also mehr
fasziniert als genervt. Hinzukommt, dass sie zu den nettesten Japaner
zählen, die mir bisher begegnet sind. Man musste sie einfach gern
haben. Ich frage mich ob sie sich auf eine Diskussion mit mir
eingelassen hätten, wäre mein Japanisch flüssig.
Man kann
von ihren theologischen Ansichten halten was man will, aber ich habe
ernsthaft darüber nachdenken müssen was Gott lieber ist: Ein
herzlicher Zeuge Jehovas der sich so für Gott einsetzt um anderen
von ihm zu erzählen, oder ein Christ, der seinen Hintern nicht aus
der Haustür bekommt, geschweige denn anderen von Gott erzählt.
Ich will
ein Christ sein, der so freundlich und mutig ist, wie dieses Ehepaar.
Am 18.
und 19. Oktober (Samstag+Sonntag) war das Inazawa Festival beim
örtlichen Schrein und am Samstag fand das Waffel Café in der Ai
Hope Church statt. Helfer aus der Inazawa Church und sogar 2 der
anderen Shorties waren mit von der Partie. Ich hingegen wurde wieder
nach Hause geschickt. Ich war seit Donnerstag krank gewesen und am
Samstag morgen immer noch nicht vollkommen fit. Ich durfte mir dann
später anhören wie viel Stress alle hatten, aber auch wie gut es
gewesen war und wie viele Leute (vor allem viele Neue) gekommen
waren. Jetzt ist natürlich auch ein Gebetsanliegen, dass diese
Menschen sich weiter für die Ai Hope Church interessieren und wieder
vorbei kommen.
Am
Sonntag fand dann auch wieder der zweite Sunday Worship statt. Es ist
unglaublich wie musikalisch die Ito-Familie ist mit denen ich die
Musik mache. Der jüngste ist 12 und spielt Gitarre wie ein Profi.
Ein Satz den eine Frau gesagt hat, die mit uns das Essen kocht (Open
Hope, Sunday Worship), die aber selber nicht Christ ist, hat mich
sehr berührt: „Eure Musik kommt wirklich vom Herzen.“
Ich
finde mich jetzt immer besser in meine Sprachklassen ein. Die Klasse
mit dem Ehepaar aus der Nachbarschaft macht super viel Spaß und das
letzte Mal konnten wir sogar ein wenig schauspielern und so tun als
wäre ich die Verkäuferin und sie wollten Kleidung kaufen. Ich
stelle mit Erstaunen fest, wie unglaublich kreativ die beiden sind
und wie liebevoll sie sich gegenseitig auf den Arm nehmen.
Aber
auch die Sprachklasse mit den Grundschülern macht immer mehr Freude.
Um ein wenig Aktion in die Klasse zu bringen habe ich vorgeschlagen
Bilder von Berufen zu ziehen und die anderen müssen auf Englisch
raten. Ich hatte damit gerechnet sie dazu zwingen zu müssen, aber
sie haben mir die Zettel förmlich aus der Hand gerissen und am
Schluss sogar noch eine zweite Runde gefordert.
Zum ersten Mal fand am 25. Oktober unser Shorty-Hauskreis statt. Thema war: Identität. Wer bin ich eigentlich und was macht mich und meinen Wert aus? Wir hatten sehr sehr gute Gespräche und man lernt Menschen häufig noch einmal ganz neu kennen wenn man so einen geschützten Rahmen hat in dem man frei sprechen kann. Außerdem ist das geistliche Angebot nicht wirklich gewaltig. Die Predigten sind alle auf Japanisch. Sämtliche Theologischen Bücher natürlich auch. Da tut es gut auch einfach mal auf Deutsch mit den anderen, die zumindest fast so alt sind wie man selbst, über Gott und die Welt zu reden.
Eine
besondere Begegnung hatte ich am letzten Sonntag. Wir waren
eingeladen zur Gemeinde in Ichinomiya einem anderen Teil von Nagoya.
Dort lernte ich eine philippinische Englischlehrerin kennen, die seit
mehr als 10 Jahren in Japan lebt und hier als Alleinerziehende Mutter
ihre kleine Tochter aufzieht. Die letzten Jahre hat sie praktisch im
Krankenhaus gelebt, ihr Körper ist von Katheder-narben gezeichnet.
Sie hat kein Geld, aber trotzdem kann sie die kostspieligen
Operationen bekommen. Jedes Mal hat Gott ihr das nötige Geld
gegeben. Sie hat ein unglaubliches Vertrauen und wenn sie redet spürt
man ihre Liebe zu Gott in jedem Wort.
Ich
begegne immer wieder Menschen, die trotz ihrer Lage ein unglaubliches
Vertrauen zu Gott haben und die mich dazu inspirieren selber Schritte
zu wagen und Gott das unmögliche zuzutrauen.
Gestern hatte ich meinen Dream Day. Ein Tag an dem man sich nur Zeit für Gott nimmt. Zeit zum Beten und um in der Bibel zu lesen. Mein Ziel ist es in diesem Jahr Jesus besser kennen zu lernen und zu lernen ihm zu vertrauen und folgen. Ich will Feuer fangen. Von seiner Liebe angesteckt, alle anderen lieben.
Vor
einiger Zeit habe ich einen Text geschrieben, der an dieser Stelle
gut passt. Ich frage mich wer sich noch mit mir identifizieren kann.
Du bist für mich wie ein Schoßhund, der mit mir spazieren geht.
Ist schön flauschig und schön süß, sorgt dafür dass es mir gut geht.
Ignorier das Bellen, weil es ist so schön bequem.
Hier auf meiner Couch zu liegen, wer will da denn raus gehn?
Es regnet und es hagelt und der Wind schlägt ins Gesicht.
Wenn es doch einfach geht, bin ich auf Ärger nicht erpicht.
Das ist sicher nicht mein Stil. Jeder Schritt ist mir zu viel.
Zerschlag die Lampe und sehne mich nach Licht.
Ich hab viele dunkle Ecken und schau sie nicht gerne an.
Es geht leichter zu verdrängen und die Nächte, die sind lang.
Mach ich die Augen auf, scheint das Licht herein.
Zeigt mir meine dunklen Flecken und lässt mich nicht blind sein.
Ich fühl mich dreckig, schmutzig, nutzlos, dumm und hirnverbrannt.
Ich versuch's zu ignorieren, aber längst hab ich erkannt:
Nichts was mich hält, hält mich, wenn die Zeit gekommen istund dass du doch letzten Endes die wahre Rettung bist.
Ich
steh in meiner kleinen heilen Welt und traue mich nicht raus.
Ich will dir vertrau'n und folgen, aber nicht aus mir heraus.
Ich weiß nicht wohin ich gehe, stehe, sehe nur auf dich.
Ich will deine Stimme hörn, denn immer wieder rufst du mich.
Ins Ungewisse, Dunkle, rufst mich dort dein Licht zu sein.
Ich hab Angst den Schritt zu wagen: Jesus, wirst du bei mir sein?
Ich will dir vertrau'n und folgen, aber nicht aus mir heraus.
Ich weiß nicht wohin ich gehe, stehe, sehe nur auf dich.
Ich will deine Stimme hörn, denn immer wieder rufst du mich.
Ins Ungewisse, Dunkle, rufst mich dort dein Licht zu sein.
Ich hab Angst den Schritt zu wagen: Jesus, wirst du bei mir sein?
Ich will wirklich Leuten helfen, ich will wirklich etwas tun.
Aber ich hab Angst zu scheitern, laufe wie in Bleischuh'n.
Ich weiß von dir und deinem Tod, von Gott und seinem Geist.
Ich weiß, dass du jeden liebst und jeden befreist,
der sich für dich entscheidet und dazu deinen Weg zu gehen.
Auch wenn es hart wird und wir uns nach andren Wegen umsehen.
Du bist das Beste was wir jemals kriegen können, sollen, wollen
wir das alles nun riskieren, weil wir lieber penn'n, chill'n, tollen
Lebensstandart feiern, Mamonhymnen leiernd durch das Leben eiern.
Sag, hast du dich schon gefragt, was dahinter steckt? Schon entdeckt?
Im Gepäck. Das Leben. Gegeben. Für dich und mich und jeden.
Komm rein. Lass dich fallen. Denn hier:
Gewinnst du nur, wenn du verlierst!
Der Moment in dem ich falle,
ist der Moment in dem ich versteh:
Es ist nicht wichtig wo ich jetzt stehe.
Entscheidend ist wohin ich geh.
Du hast die Arme ausgebreitet.
Und ich renne auf dich zu.
Lass mich in deine Arme fallen.
Der Weg zum Leben, das bist du!
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