Mein Weg nach Hiroshima


Es regnet in Strömen als ich mein Fahrrad abstelle und mich zu Fuß zum Südeingang des Bahnhofs mache. Mir ist kalt. Trotz gefährlicher Regenschirm-aktion auf dem Hinweg ist meine Hose klatschnass und klebt kalt an meiner Haut. 
Ich schaue mich suchend um, schaue auf die Uhr. Ich bin genau pünktlich. Nur Pascal fehlt.
Im Augenwinkel sehe ich einen Mann mit Fernsehkamera und mein Herz und meine Beine machen fast gleichzeitig einen Satz, der mich hinter die nächste Säule befördert. Nicht auffallen ist die Devise. Die blonden Haare machen das allerdings etwas schwierig.
Hongang-ji, Kyoto
Ich höre Stimmen, Lachen, Schritte und dann biegt auch schon neugierig eine Gruppe von Männern um die Ecke. Sie lachen erfreut als sie sehen, dass sie mich doch noch erwischt haben.
Nervös blicke ich von einer Kamera zur anderen und hoffe, dass nur mein Oberkörper und nicht meine nasse Hose zu sehen ist.
Ich kann gleich die zwei Männer ausmachen, die anscheinend die Moderatoren des ganzen sind.
Sie stehen neben mir und strahlen wie zwei Jäger, die gerade ein Einhorn gefangen haben.
Dann kommen die Fragen:
"Wie heißt du?" "Woher kommst du? Achso? Deutschland!?" "Was machst du hier in Japan? Urlaub? Missio..was? Achso, Kirche! MISSION! Aha.." Es ist ein Wirrwarr aus Englisch und Japanisch. Bei manchen Kommentaren fängt die ganze Crew an zu lachen und ich frage mich mehr als nur einmal: Lachen sie über den Moderator oder über mich? Vermutlich über einen Kommentar ÜBER mich.
Todai-ji, Nara
"Was? Du bist ganz allein unterwegs?? Mit 18?" "Wo willst du denn hin? Mus...Ach Museum! Für?...Geschichte! Soso!" (Ich habe später vor einem geschlossenen Museum gestanden - das konnte man mir ja auch nicht früher mitteilen! ;) )
"Weißt du denn, wo du hin musst? Nein? Ok. Wir zeigen es dir! Komm mal mit!"
Etwas verwirrt folge ich ihnen. die Kameras auf den Fersen.
Auf dem Weg fragen sie mich weiter. "Ist es in Deutschland auch so kalt?" Ich nicke. "Ziemlich kalt." Der Kleine grinst und sagt etwas. Alle lachen. Ich gebe durch meinen fragenden Blick kund, dass ich ihn nicht verstanden habe. Er übersetzt für mich: "German. Cold people?!" Ich drehe mich verlegend lachend von den Kameras weg als wollte ich gehen. Der Mann lacht. "Sorry. sorry!"

Die beiden bleiben stehen. Der kleinere deutet auf die U-Bahn Ausschilderung über der Rolltreppe, die nach unten führt und sucht nach dem richtigen Wort. "Asoko...eto...eh...purpuru? Ah. Purple,ne? Die lila Bahnlinie! Die musst du nehmen, dann kommst du zum Museum!"
Ich nicke. Schön das zu wissen.
Es kommt wieder Bewegung in die Mannschaft. Der Kleine, der hauptsächlich geredet hat, schüttelt mir grinsend die Hand. Wir verabschieden uns und ich winke noch einmal in die Kamera als ich (vollkommen planlos) weggehen will. Aber wider Erwarten schwenken die Kameras nicht weg, sondern filmen jetzt nur noch mich. In meinen Gedanken rast es. Was tun? Mein Blick fällt auf die Rolltreppen und ich halte darauf zu. Sie wollen jetzt bestimmt sehen, wie ich in die Richtung gehe, die sie mir gewiesen haben. Äußerlich vollkommen ruhig fahre ich die Treppe hinunter, aber mein Herz rast mir bis zum Hals.
Ich sehe einen Mann hinter mir her hasten. Ich bleibe stehen und er lässt mich verschiedene Sachen zu dem Interview ausfüllen und fragt mich (in sehr viel besserem Englisch als die beiden Moderatoren) was denn meine Situation gewesen sei?
Ich lache als ich den Titel der Show lese "Let's guide - Two man ROZAN guide travelers who have lost its way" (Originaltitel) und sage:
Blick aus meinem Hotelzimmer in Osaka
"Also eigentlich habe ich mich gar nicht verlaufen. Ich hab nur auf einen Freund gewartet, aber trotzdem danke!" :D

The interview might be on air next Tuesday during the programm "Chichinpuipui" on Ch. 4 around 5:00P.M. "Chichinpuipui" is a local TV program which is heart-warming, filled with laughter & hot news. 
Inevitably, we may not use the part you have joined. 
We are very sorry, but we hope you would understand.
Thank you so much for your time and cooperation. Wishing your wonderful time in Japan.

Ich unwissendes Kind habe an diesem Tag einen berühmten Fernsehmoderator getroffen was mir erst bei einem Gespräch von einem Freund gesagt wurde. ^^
Aber auch wenn ich nicht gerade von japanischen Fernsehteams interviewt wurde hatte ich doch eine sehr gute Reise.
Hafen von Kobe
Vom 3. bis zum 10. Januar machte sich das kleine grüne Küken auf den Weg um ein wenig Japan zu bereisen und sich die vielen berühmten Städte anzuschauen.
Kyoto, Nara, Osaka, Kobe, Himeji, Okayama und finally Hiroshima.

Tegarayamachuo Park in Himeji
Und es war wohl an keinem Tag langweilig. Am ersten Tag eine Rutschpartie auf den verschneiten und vereisten Bürgersteigen Kyotos. In Nara wurde ich von den Rehen im Park fast um mein Vokabelheft gebracht, das immer noch Biss-spuren von der Aktion trägt. In Osaka interviewt. In Himeji eine kurze paranoide Phase. (Das kommt davon, wenn man in der Dunkelheit mitten in einem einsamen Park auf einen Mann trifft, der einen zu beobachten scheint, während man davon geht und dann selber verschwindet) und am nächsten Tag ein Guide, der mich kostenlos durch das Schloss von Himeji geführt hat und dem ich sogar von Gott erzählen konnte. In Okayama hatte ich einen kleinen Kaufanfall, was damit zusammenhängen könnte, dass ich in einem Laden Roggenbrot, Rittersportschokolade, Trolli und noch so einiges leckeres Zeug gefunden habe!!! <3
In Hiroshima hatte ich unter anderem eine Konversation mit 4 Zeugen Jehovas, die mich anscheinend super nett fanden und die mich unbedingt davon überzeugen wollten, dass Jesus und Gott nichts eins sind. (Was ihnen übrigens nicht gelungen ist, aber was mich dazu herausgefordert hat mir Stellen für die Dreieinigkeit fürs nächste Mal zurecht zu legen. ;) )
Okayama Castle
Und natürlich die vielen sehr netten Leute, die ich auf meiner Reise kennen lernen durfte. Ich kann Schlafsäle wirklich nur empfehlen. (Mir waren die Hotelzimmer in denen ich war viel zu
langweilig.)

An dieser Stelle ein ganz fettes: THANK YOU! an Max (Schweden), Angela (Taiwan), Song Hee Sub & Hyung (Süd Korea), Naeem (England), Alejandro (Italien) und Nick (Neu-Seeland).
Die Gespräche mit euch, zählen wirklich zu den absoluten Highlights diesen Urlaubs. Ich werde mich auf jeden Fall an eure Einladungen erinnern und dann demnächst bei euch aufkreuzen :P. (Vorausgesetzt ich gewinne im Lotto).
Danke auch an die vielen netten Menschen, die mir immer wieder geholfen haben, wenn ich mich wirklich (!) verlaufen hatte.
Ich kann jedem nur empfehlen sich diese Städte auch mal anzusehen (im Winter ist es schön leer, aber landschaftlich sind Frühling und Sommer wahrscheinlich schöner). Besonders das Hiroshima Peace Memorial Museum gehört für mich auf die Liste mit Dingen, die man mal gesehen haben muss. (Wie Pascal so schön sagte: Die 50 Yen -35ct- sind ein rein symbolischer Preis)

Danke aber vor allem an Gott. Abba, ich habe viel gelernt, in dieser Zeit. Ich hatte eine Menge Zeit zum Nachdenken und Beten und ich glaube wir konnten die Mauer, die ich so häufig zwischen uns baue wieder ein Stückchen abtragen. Danke für deine Begleitung und deinen Schutz.
In Hiroshima hatte ich das Gefühl total nutzlos vor dem Leid zu stehen, was diese Menschen durchmachen mussten, aber schlussendlich weiß ich, dass du bei jedem einzelnen von ihnen warst und du Gerechtigkeit bringen wirst. Danke dafür! Ich liebe dich! Amen.

Sonnenuntergang in Hiroshima




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