Japaner die auf Steine starren
"Reinigen! Bitte!" Er versuchte Blackthorne mit Gesten klar zu machen, was er meinte. "Stinken! Schlecht. Wie alle Portugiesen. Baden! Dies reinliches Haus!"
"Ich werde baden, wann ich will und ich stinke nicht!" Blackthorne schäumte. (...) "Baden!" Befahl Mura, entsetzt über den offen gezeigten Zorn des Barbaren - das war der Gipfel der schlechten Manieren! (...) Diese schrecklichen Ausländer, dachte er. Erstaunlich! Man wird dir Manieren beibringen.
(Auszug aus "Shogun" von James Clavell - im frühen 17. Jahrhundert in Japan)
Mich muss man zum Glück nicht wie Blackthorne zum Baden tragen. Ich habe die letzten zwei Abende vollkommen freiwillig die Zeit im Sento (künstliche "heiße Quelle") verbracht, aber es gibt auch heute noch unglaublich viele Dinge bei denen sich die Japaner und die Deutschen unterscheiden und zuweilen ist das Verhalten der Japaner für das westliche Auge befremdlich und belustigend.
Umso spannender finde ich es inzwischen meine asiatischen Freunde zu befragen, was sie an Deutschen und Deutschland befremdlich finden und ich habe eine gute Portion Demut abbekommen.
Während meiner Zeit hier in Japan habe ich mich häufig über das Verhalten der Japaner gewundert und mich nicht selten darüber lustig gemacht. Auch in den letzten Tagen sind mir wieder einige Sachen begegnet, über die ich schnell einen flotten Spruch hätte bringen können, aber mir ist bewusst geworden, dass ich die Situationen meistens nur witzig finde, weil ich sie und die Menschen um mich herum nicht verstehe.
Ja, ich kann es witzig finden, dass sich Japaner drängeln um einen "Garten" anzuschauen, der nur aus Steinen besteht, oder schon beim kleinsten Regentropfen nicht mehr ohne Regenschirm laufen können oder wollen, aber als ich verstanden habe, was es mit der Symbolik der Steinformation auf sich hat und warum es vernünftig ist sich vor (besonders bei japanischem) Regen und Sonne ausreichend zu schützen, da habe ich gemerkt, dass meine herablassende Art Folge von Unwissenheit war und ich habe wieder gemerkt, dass der Geist des intelligteren Westlers doch auch durch meine Adern gespukt ist.
Wir sagen häufig: Wir sind ja keine Rassisten. Das Thema haben wir in Deutschland längst durch. Und dann kommen meine in Deutschland lebenden asiatischen Freunde zu mir und sagen: Doch. Ich fühle mich diskriminiert und es gibt Rassismus hier. Manchen aus Unwissenheit und manches aus Absicht, aber dass sowas im 21. Jahrhundert der Vergangenheit angehören sollte, ist für mich keine Frage.
Genauso wie wir im Ausland nicht auf Lederhosen, Bier, Weiswurst und Hitler reduziert werden wollen, sollten wir auch vorsichtig sein jeden Asiaten (schon hier fängt die Pauschalisierung an) mit Sushi, Hunde essen, Fukushima und Sching schang schong zu assoziieren.
Ich höre darum auf die weisen Worte des Scholaren, der mich auf dieser Reise begleitet:
Viel wichtiger, als das was uns unterscheidet sind die Sachen, die uns verbinden, weil wir alle Menschen sind mit Persönlichkeiten, die dann zum Vorschein kommen, wenn man sich mit ihnen beschäftigt.
In diesem Sinne: Okini (Kyoto-Japanisch für Danke) und Oyasumi nasai! (Gute Nacht)
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