Tag 15 - Highway to Heaven

Vorsichtig setze ich einen Fuß vor den anderen. Der Nebel ist inzwischen so dicht, dass ich keine 50 Meter weit blicken kann und auch der Weg hinter uns wird wieder von dem nassen grau verschluckt.
Meine Kleider sind wieder nass, aber dieses Mal vor Schweiß und der kalte Wind der hier weht bringt mich zum frösteln. Vor uns erhebt sich im trüben Licht der auggehenden Sonne eine Ruine. Keine Menschenseele ist zu sehen, nur die Verpackungsreste auf dem Boden lassen menschliches Eindringen erahnen.
Durch den Nebel dringen die verzerrten Stimmen der Moezzine an meine Ohren und ich zucke zusammen als zwei Krähen über unsere Köpfe fliegen.
Welcome to Mount Tatort....äh Tabor.

07:20 - 28º - +555m - Mt. Tabor (Ort an dem Jesus in den Himmel aufgefahren ist)

Die Tatsache,  dass wir zu dieser nachtschlafenden Zeit schon auf der Spitze des Berges sind ist nur unserer brillianten Idee geschuldet an diesem Morgen früher aufzustehen (5:00) und mit der Sonne den Berg hochzuklettern.
Beladen mit Nahrungsmitteln für eine ganze Kompanie (aber nur einer Packung Kekse) machten wir uns un halb sechs auf.
Mein Körper ist noch nicht ganz wach und ohne Frühstück den Berg hoch zu kraxeln gibt mir auch nicht gerade Kraft.
Leider haben wir den einzigen Wolken-/ist das gerade Regen??- Tag abbekommen und so haben wir die Sonne erst gesehen nachdem sie schon seit 10 Minuten aufgegangen war. Trotzdem ein lohnender Anblick.
Mit dem Sonnenaufgang setzte dann auch das morgendliche Moezzin-Wett"singen" an. Inzwischen sind es eine Vielzahl von Stimmen, die durcheinander rufen und das seit über eine Stunde.
Nach und nach wandert das Gemüse und Obst in unsere Mägen, aber kalt ist mir immer noch.
Gleich öffnet die Kirche und schon fahren die ersten Sammeltaxis vor.
Ist das ein Stück blauer Himmel zwischen den Bäumen?

17:23 - 33º - +79m - Busbahnhof Afula

Kennst du das, wenn alles schief zu gehen scheint,  was du auch nur anschaust?
Seit 2 Stunden befinde ich mich auf der Straße und sofort fing die rote Welle meines Lebens an.
Es begann eigentlich ganz verheißungsvoll mit dem sehr witzigen Treffen eines israelischen Hikers, der uns freudestrahlend begrüßte,  als er uns sah und uns in Nazareth (denn dort sind wir nach unserer 2 1/2 fachen Gipfelbesteigung gelandet) sogar half in den richtigen Bus zu steigen und erklärte uns trotz seines gebrochenen Englisches welche Verbindungen wir Richtung Jerusalem nehmen sollten.
Das Streichholz an unserem Planungsheuhaufen war, dass wir zu diesem Zeitpunkt kein Wasser mehr hatten und drei Uhr Mittags ist nunmal eine sehr schlechte Zeit um kein Wasser zu haben.
Und da wir zwischen dem ersten und dem zweiten Bus planmäßig 17 Minuten Zeit hatten machte sich mein Vater auf den Weg um welches zu suchen. Wer kann auch ahnen, dass kaum dass er weg war zwei Busse der richtigen Linie an mir vorbei fahren würden und damit viel zu früh?
Zum Glück konnte mir unser israelischer Freund weiterhelfen, der mir seine Handynummer gegeben hatte.
Nach einer halben Stunde warten saßen wir also im nächsten Bus. Zum zweiten Mal wurde unsere Wasserknappheit zum Stolperstein. Denn während ich in einem kleinen Laden etwas zu trinken kaufte und mein Vater am Schalter nach der Verbindung fragte fuhr der einzige Bus Richtung Jerusalem vor unserer Nase weg und ausgerechnet jetzt kommt der Bus erst in 1 1/2 Stunden statt wie den restlichen Tag im ein Stunden Takt.
Mein Vater hat sich eben mit einem ultra-orthodoxen Juden unterhalten, der auf dem Bahnhof herum geht und Leuten "Be happy" Heftchen in die Hand drückt. Es mag Quatsch sein, dass "Freude die Seele erlöst", aber Freude ist ein todsicheres Mittel gegen Traurigkeit.
Darum hier eine Liste mit Dingen, die heute gut gelaufen sind:
1. Wir! :D und zwar fast 23 km und über drei Berge.
2. Das Wetter war, trotz einiger Anlaufschwierigkeiten,  echt gut.
3. Wir haben uns nicht verlaufen.
4. Meine Füße und Beine tun überraschend wenig weh.
5. Wir treffen immer wieder auf sehr nette andere Hiker.
6. Wir haben keinerlei Zeitdruck.
7. Wir haben wieder zu trinken.

Da in der Bibel die Zahl 7 als Zahl der Vollkommenheit verstanden wird, wollen wir es hierbei belassen.
Noch 40 Minuten.

Einige Zeit später.
Um kurz nach 8 waren wir dann auch endlich in Jerusalem.  Man spürt gleich den Wärmeunterschied, es ist einfach angenehm warm.
"Zuhause" angekommen dürfen wir sogar in den Betten schlafen.
Der Plan für morgen: -

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